Vorsicht, Falle! Wie Sie Betrüger bei der Wohnungssuche entlarven
Veröffentlicht: Februar 2022
In den vergangenen Jahren, in denen ich aus beruflichen Gründen verstärkt mit der Wohnungssuche beschäftigt war, sind mir natürlich auch immer mal Annoncen aufgefallen oder wurden Mietangebote an mich herangetragen, die auf den ersten Blick zu schön schienen, um wahr zu sein - und bei denen mein Bauchgefühl dann auch stimmte.
Im Internet gibt es zahlreiche Hinweise, woran man betrügerische Mietangebote in Frankreich erkennt. An dieser Stelle möchte ich Ihnen von meinen Erfahrungen berichten und ein paar Tipps nahelegen, damit Sie sich bei der Wohnungssuche in Paris etwas sicherer fühlen können.
7 Tipps, um sich bei der Wohnungssuche in Frankreich nicht übers Ohr hauen zu lassen
Denkfehler: Eine günstige Wohnung in Paris entdeckt zu haben
Alles hängt vom Blickwinkel ab: Wo Pariser Mietpreise für so manche New Yorker ein Schnäppchen sind, sind sie dies für Kölner Studenten noch lange nicht. Von daher möchte ich das pauschale Urteil fällen, dass die Mietkosten in Paris für das Gros der Menschen schon äußerst saftig sind. 1000 € Warmmiete mal eben für 25 Quadratmeter hinblättern (wollen), kann bzw. macht nicht jede:r. Doch manchmal ist uns im Leben doch das Glück hold, oder? Denn da erscheint es plötzlich, das Traumangebot in Toplage und zu einem erschwinglichen Preis! 700 € für 30 Quadratmeter im Marais?! Deal!
Nur sind solche Anzeigen zu 99 % Betrug. Also Hände weg!
Die gute alte Weisheit, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt, gilt umso mehr auf einem heiß umkämpften Wohnungsmarkt wie in Paris. Folgen Sie Ihrem Bauchgefühl und haken Sie einmal mehr nach, wie es sein kann, dass die Wohnung so viel günstiger als üblich ist.
Generell können Sie auffällige Onlineanzeigen dem Portal melden, auf dem Sie sie entdeckt haben. Die Betreiber haben ein berechtigtes Interesse, falsche Anzeigen aufzuspüren, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren.
Denkfehler: Nur schnell reservieren, dann ist die Wohnung mein
Sobald Sie jemand darum bittet, in Vorkasse zu treten, ziehen Sie sich sofort aus den Gesprächen zurück.
Es gibt unzählige Betrüger am Markt, die nur darauf warten, dass jemand aus Zeitdruck oder Naivität das Portemonnaie öffnet und die Kaution oder eine "Sicherungsgebühr" überweist. Beliebte Schlagworte, bei denen Sie unbedingt hellhörig werden sollten, sind z.B. "Western Union" oder "mandat cash", gerne auch mit dem Nachtrag "urgent" (eilig).
Seriöse Vermieter bzw. Agenturen fordern von Ihnen kein Geld vor Vertragsunterzeichnung. Und nicht selten ist das Geld dann weg, aber der Wohnungsschlüssel trotz "Reservierung" nicht in der Hand. Überweisen Sie die Kaution und erste Miete immer erst, wenn der Mietvertrag unterzeichnet und die Wohnungsabnahme inkl. Schlüsselübergabe erfolgt ist.
Denkfehler: Es ist, wie es ist
Da stehen Sie nun, in Ihrer potentiellen Traumbleibe, die Vermieterin lächelt sie an, die Sonne scheint ... und der Mietvertrag liegt auch schon zur Unterschrift parat. Grandios! Oder?
Es kommt gar nicht so selten vor, dass Betrüger Wohnungen auf bekannten Kurzzeitmietportalen buchen und als die ihren ausgeben. Sich Schlüssel von fremden Wohnungen beschaffen, die zeitweise leer stehen, und dann dreist als Inhaber:in auftreten. Es kann also sinnvoll sein, sich einen Beleg zeigen zu lassen, der die Besitzverhältnisse klärt, z.B. einen Grundbuchauszug, damit Sie in keine Falle tappen.
Denkfehler: Der Vermieter hat einen netten Cousin
Sie haben auf eine Annonce reagiert und erhalten wahlweise eine SMS oder E-Mail mit dem Hinweis, dass man grade verreist ist? Erst in einigen Wochen wiederkommt und die Wohnung dennoch vorher vermietet werden soll? Und sich ein Familienmitglied oder ein:e Freund:in um das Prozedere kümmert?
Natürlich könnte das sein, aber geben Sie nichts drauf. Dies ist eine überaus beliebte Masche, gerne auch untermalt mit Schlüsselwörtern aus Absatz 2, um Vorabzahlungen abzufischen. Die Wohnung aus dem Angebot können Sie nicht mieten, Punkt.
Denkfehler: Fehler können vorkommen
Ja, können sie. Gerade Rechtschreibfehler, niemand ist perfekt. Selbst viele Franzosen verwechseln im Tagesgebrauch so einiges ("J'ai marcher" anstelle "J'ai marché" oder se/ce usw.), weil sich vieles erstaunlich gleich anhört.
Aber betrügerische Annoncen und E-Mails erkennt man wirklich öfters an einer Häufung von orthografischen Fehlern, weil die Betrüger nicht selten im Ausland sitzen und das Auffälligkeiten produzieren kann.
Denkfehler: Viel hilft viel
Bitte, machen Sie sich nur keine Sorgen! Alles hat seine Richtigkeit! Die Vorabzahlung ist nur dafür da, dass ich, der Vermieter auch davon ausgehen kann, an einen so fabelhaften Zeitgenossen wie Sie es sind, zu vermieten! Und natürlich überweisen Sie das Geld nicht direkt auf mein Konto, sondern es wird neutral zwischengeparkt!
Bla bla bla...
Sobald Sie eine Nachricht erhalten, in der a) solch ein Text vorkommt und b) andauernd darauf hingewiesen wird, dass alles ganz korrekt ist (wirklich!), um Sicherheitsbedenken für beide Seiten auszuschließen, lassen Sie die Finger davon. Auch wenn Sie motiviert sein sollten, die Miete später pünktlich zu zahlen, sollte es nicht nötig sein, Sie stets an Ihre ehrbaren Absichten zu erinnern. Betrüger versuchen regelmäßig, Bedenken mit übertriebenen Sicherheitsversprechungen zu zerstreuen, von daher Obacht.
Denkfehler: Seriös getippt, seriös gedacht
Gerade, wenn Sie eine schriftliche Anfrage auf eine Wohnungsannonce stellen, bitte einmal mehr hellhörig sein, wenn eine längere, ebenso schriftliche Antwort folgt. Gerne mit Versatzstücken der obigen "Ich bastele mir einen Scam"-Bausteine wie "mandat cash".
Schnappen Sie sich den Text ruhig mal und setzen ihn Google oder einer anderen Suchmaschine Ihrer Wahl vor. Nicht selten wird dann direkt deutlich, dass es sich um ganz typische Standardtexte handelt, die von Betrügern, leicht abgewandelt, nachgenutzt werden.
Noch ein Wort zum Schutz Ihres Dossier
Abschließend möchte ich noch zwei Punkte eingehen, die Ihr Dossier betreffen.
Punkt 1 stellt Suchende immer wieder vor ein Dilemma. Die Rede ist vom berühmten R.I.B., dem "relevé d'identité bancaire". Hierbei handelt es sich um den Nachweis eines französischen Kontos und damit ein simples Dokument, das Ihre französische Bank ausstellt bzw. im persönlichen Account online heruntergeladen werden kann.
Bis heute ist es Usus, dass sowohl Privatvermieter als auch unzählige Agenturen diesen Beleg einfordern, um sich ein Stück mehr Sicherheit zu "erschleichen". Gerne wird als Begründung angeführt, dass Ausstände bei ausländischen Konten nur schwer einzutreiben wären.
Das mag sein, darf aber bei der Wohnungssuche keine Rolle spielen, denn das französische Gesetz untersagt seit 2015, einen R.I.B. einzufordern.
Nur, was tun? Hier schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Als Widderin und damit jemand, der auch mal Kontra gibt , sage ich, dass man auf diesen Umstand hinweisen kann, wenn diese Forderung aufkommt und Bauchschmerzen bereitet. Insbesondere, wenn man vielleicht noch kein französisches Konto besitzt. Andererseits ist die Wohnungssuche in Paris für viele Menschen schwierig. Sich dann womöglich direkt eine Absage mit einem systematischen "Dann eben nicht ... next!" einzuholen, sollte in der persönlichen Situation wohl überdacht sein.
Kommen wir zu Punkt 2. Oft wird empfohlen, das Dossier erst nach einer Besichtigung einzuschicken: Nur ist das in ganz vielen Fällen nicht möglich, weil Agenturen und Vermieter Zeit sparen und potentielle Mieter bereits aussieben möchten, bevor evtl. zu viel Zeit investiert wird. Was also tun in solch einer Situation, weil mit den persönlichen Daten im Dossier wie Adresse oder Personalausweisnummer so manches Schindluder getrieben werden kann und man schlussendlich nicht weiß, an wen die Dokumente weitergereicht werden am Ende?
Hier gibt es einige Möglichkeiten, um das Dossier etwas besser zu schützen:
Option A
Schritt 1) Fügen Sie allen Unterlagen ein Wasserzeichen hinzu, indem Sie diese bspw. nur für den Vorgang der Wohnungssuche autorisieren. Dies ist z.B. bei PDFs mit Online-Tools wie PDF24 oder iLovePdf möglich. Ebenso Programmen wie Wondershare und vielen anderen.
Schritt 2) Manche Tools können Wasserzeichen jedoch entfernen, sodass es empfehlenswert ist, die bearbeiteten PDFs in Bilder zu konvertieren. Dies geht z.B. ebenfalls mit den erwähnten Online-Tools.
Option B
Erstellen Sie ein Dossier über ein Onlineportal wie loumi oder DossierFacile. Die Unterlagen sind gesichert und werden nur für die Wohnungssuche genutzt.
Viel Glück und toi, toi, toi bei Ihrer Wohnungssuche! Sehr gerne unterstütze ich Sie bei allen Fragen, auch der Erstellung Ihres Dossiers und der Übersetzung!
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